SUSIES erkundet Hamburg –
„Veganz” in Altona, ein Supermarkt für eine neue Lebensweise

 

SUSIES Local Food auf Genuss-Tour in Hamburg: In Altonas Phoenix-Höfen hat die erste „Veganz”-Filiale eröffnet, ein Supermarkt für vegane Lebensmittel. Wir besuchen den gut sortierten Laden, dessen Konzept nicht unumstritten ist – und haben eine klare Meinung

In jedem Betrieb gibt es irgendwo einen Menschen wie Anna. Man bezeichnet sie etwas salopp gern als „gute Seele”. Dabei sind sie eigentlich viel mehr. Und das zeigt sich in einem Moment wie diesem. Denn eigentlich kniet Anna gerade vor einer Kühltheke um sie zu bestücken, sie füllt Warenbestände auf, überprüft Haltbarkeitsdaten, arrangiert die Lebensmittel so, dass sie appetitlich aussehen. Jetzt hat eine Kundin eine Frage: Sie habe früher gern mal eine Sahnesauce zu ihren Nudeln gemacht, besonders zu Pilzen. Inzwischen ernähre sie sich vegan. Gibt es da überhaupt sowas wie Sahnesauce?

Anna, inzwischen aufgestanden, könnte jetzt sagen, dass man auch eine Soya-Creme anbiete, die sich wie Sahne verwenden lasse. Doch das macht sie nicht. Sie empfiehlt, mit Gemüsebrühe und Mandelpaste zu arbeiten. Oder mit der günstigeren Cashewpaste. Und sie erklärt ganz genau, wie man das macht, dass man erst die Pilze anbrät, dann mit Brühepulver und etwas Mehl anschwitzt, Wasser oder Soyamilch aufgießen, etwas von der Paste hinein, aufkochen lassen. So entstehe eine Art veganer Sahnesauce.

Ein ganz normaler Donnerstag in einem alles andere als normalen Supermarkt. Im Juni 2013 eröffnete in Altonas Schützenstraße die erste Hamburger Veganz-Filiale als vierter Ableger der in Berlin gestarteten Supermarkt-Kette. Ein Laden mit rund 6.000 Waren, die vor allem eins eint: Sie enthalten keinerlei tierische Produkte – es gibt hier keine Fruchtsäfte, die über Gelatine geklärt werden, keine mit Bienenwachs glasierten Kaffees, keine mit Schmalz gebackenen Brote. Wer hier einkauft, erhält garantiert vegane Lebensmittel. Das ist das Erfolgsrezept von Veganz: Dass dem Kunden eine einwandfreie Warenwelt geboten wird, er muss nicht recherchieren, ob etwa im Kleber des Etiketts auf einer Saftflasche ein aus Knochenmark gewonnener Leim verwendet wird. Und es ist einer der Kritikpunkte aus der Szene: Vegane Fachgeschäft bieten vor allem Beratung, im Supermarkt falle die weg.

Dabei zielt die Kritik an Veganz besonders auf die Autobiographie seines Gründers. Jan Bredack ist ein Ziehkind von Mercedes Benz. Der Automobil-Konzern hat den jungen Mann gefördert, ihn geschult und auf eine steile Karriereleiter gesetzt. Bredack hat dennoch nebenbei eigene Projekte realisiert, etwa ein Bieterportal für Autoreparaturen, das aber nicht funktionierte. Erst als er sich in eine Frau verliebt, die vegetarisch lebt, beginnt er über sein Essen und sein Leben nachzudenken, wird vegan. Und entdeckt eine Geschäftslücke: dass es viel zu mühselig ist, in Deutschland vegane Produkte zu kaufen. 2011 steigt er bei Mercedes aus und gründet Veganz.

An der Diskussion über das Supermarkt-Konzept kann man festmachen, dass es einen tiefen Graben gibt zwischen „echten Veganern” und so genannten „Lifestyle-Veganern”, das sind Menschen in Lederschuhen, die auch Soja-Milch und Seitan kaufen. Es sind eben diese Seiten- bzw. Neu-Einsteiger, für die Veganz eine gute Anlaufstelle ist. Man muss sich nicht auskennen, muss sich keine Blöße geben, kann anonym shoppen. Wir freuen uns über jeden, der über seine Ernährung nachdenkt und nach alternativen Einkaufsquellen sucht. Und deshalb finden wir es gut, dass es moderne Konzepte wie Veganz gibt.

 
SUSIES LOCAL FOOD HAMBURG – das Netzwerk für regionales Essen verbindet die besten Adressen.

SUSIES LOCAL FOOD HAMBURG – das Netzwerk für regionales Essen verbindet die besten Adressen.

Helen empfiehlt vegane Produkte

Wirsing-Chips von Heimat Gut – echt lecker ist dieser Snack, der in Norderstedt produziert wird. Ihr müsst das unbedingt probieren, Chips mal anders. Sehr überraschend.

Spekuloos von Lotus – dieser Brotaufstrich kann süchtig machen: Die Spekulatius-Creme gibt es auch in der Geschmacksrichtung Schoko. Sehr lecker.

Elbler aus Hamburg – der frisch-fruchtige Bio-Cider wird hergestellt aus Äpfeln aus dem Alten Land und ist seit Anfang an in unserem Sortiment. Sehr erfolgreich.

 

Die beste local cuisine bei SUSIES

HappenPappen – Eimsbüttel

Frau Ultrafrisch – Winterhude

Waku Waku – Neustadt

 

Auch diese Adressen gefallen SUSIES

Tarterie St. Pauli, Dear Matsu, La Monella

Wir treffen Helen. Sie ist die Inhaberin und Geschäftsführerin der Hamburger Filiale. Und sie sieht wahrlich nicht so aus wie man sich die Geschäftsführerin eines Supermarktes vorstellt. Wie sie dennoch wurde, was sie ist? Helens Bruder ist befreundet mit Jan, dem Berliner Gründer. Sie lernte ihn kennen, ließ sich begeistern von der Idee hinter Veganz und bot an, die Hamburger Filiale mit aufzubauen. Zur Hälfte steckt Helens Geld in dem hellen, lichtdurchfluteten Markt, die anderen 50 Prozent kommen aus Berlin. Und, fragen wir, wie läuft es? „Wir können nicht klagen.”

Helen ist so ein Energiebündel-Mensch, eine Frau, die ständig neue Ideen hat. Und dann auch sofort beginnt, die umzusetzen. So hat sie den Supermarkt erweitert um das Café „Faux Vau”, in dem es wochentags leichte Mittagsgerichte gibt, an Samstagen ein á la Carte-Frühstück und sonntags ein veganer Brunch. Zudem werden Kochkurse angeboten und Catering. Bei einer Führung durch ihr Reich erzählt Helen noch von weiteren Projekten, die wir aber für uns behalten sollen. Man muss sich ganz schön sputen, um mit der gern ganz in Schwarz gekleideten Frau mitzuhalten.

Und das sogar im wortwörtlichsten Wortsinne. Wir haben die Tierfutter-Abteilung passiert – ja, es gibt veganes Tierfutter, und manche sagen, dass es dem Fell einen besonderen Glanz verleihe – und sprechen jetzt über den Anteil regionaler Produkte im Sortiment von Veganz. Das gebe es noch Entwicklungspotential, sagt Helen, momentan kommen höchstens 20 bis 30 Prozent der Waren aus der Region. Noch sind die Produzenten im Hamburger Umland nicht so weit. 

Wieder kommt die Kundin auf Anna zu. Diesmal sprechen die beiden fast flüsternd miteinander. Und dann lacht die gute Seele. „Käse-Ersatz für die Pizza?” Es klingt fast obszön, als würde eine Kassiererin in einem ganz gewöhnlichen Supermarkt die andere laut rufend fragen: „In welchem Regal haben wir nochmal die Kondome?” Ganz einfach, sagt Anna jetzt: „Nimm Pizzaschmelz.” 

Seit März geöffnet: das zu Veganz gehörende Café „Faux Vau“, in dem auch Kochkurse angeboten werden. Helen Unsinn ist die Geschäftsführerin der Filiale in Altona


Veganz. Wir lieben Leben

Schützenstr. 21, 22761 Hamburg-Altona

www.veganz.de