Herr Grün notiert – Von Cowboys, Helmut Schmidt, der perfekten Ernährung, einer Schießerei und feinster Schweizer Schokolade

 

Wenn ich an den Satz »Man ist, was man isst« denke, fällt mir eine Szene aus dem Western »Open Range« ein. Charley (Kevin Costner) und Spearman (Robert Duvall) sind sogenannte free-grazers – Kuhhirten ohne eigenes Land. Ende des 19. Jahrhunderts mag man diese Sorte Cowboys in den USA nicht mehr und bekämpft sie mit allen Mitteln. Es dauert also nicht lange, und die beiden sehen einem Showdown entgegen, bei dem sie eventuell auch ihr Leben verlieren werden. Kurz bevor es zu diesem dramatischen Höhepunkt kommt, erfüllt sich Spearman noch einen großen Wunsch: Er kauft sich beim örtlichen Gemischtwarenhändler eine Tafel feinste Schweizer Schokolade, die er kurz vor dem gefährlichen Feuergefecht verzehrt. Er ist begeistert. 

Erheben wir den Satz »Man ist, was man isst« zum Maßstab, dann ist Spearman, weil doch im Angesicht seines Todes, ein echter und kompromissloser Genießer. Ein Held im Western sehr wohl, aber auch ein kulinarisches Vorbild. Ein Detaillist und Wertschätzer des Besonderen. Momente, die ich, Herr Grün, liebe – sofern sie nur im Film vorkommen. Niemand soll unter solchen Gefahren Schokolade essen müssen.

 

Vegetarier, Veganer, hemdsärmelige Griller und Bedenken zerstreuende Genießer

 

»Man ist, was man isst.« Dieser Satz meint aber natürlich noch mehr. Er sagt, wenn du dich gesund ernährst, dann wirst du auch gesünder sein, fitter, wacher. Deine Haut wird nicht so schnell altern. Deine Muskeln langsamer erschlaffen. Was zu tun ist, erklären Magazine, Zeitungen, Filme, Vegetarier, Veganer, Bedenken zerstreuende Genießer, hemdsärmelige Griller. Eine große Tageszeitung entwirft das Modell des Flexitariers. Er isst weniger Fleisch wegen der Massentierhaltung und auch wegen der Gesundheit.

Bei all diesen Diskussionen fällt mir Helmut Schmidt ein, der völlig unbeeindruckt eine nach der anderen raucht, übrigens gerne Cola light trinkt und dazwischen die Welt erklärt. Geht doch auch – sagen da viele. Sicherlich ein intellektuelles Vorbild. Ein Denker. Aber ein Ernährungsvorbild? Lieber Herr Schmidt, seien Sie mir nicht böse, aber ich denke, das wollten Sie auch nie sein.

 

Man ist, was man ist

 

Herr Grün, nun sagen Sie doch schon, was Sie wollen! Ich möchte, dass wir Freude an der Ernährungsdiskussion haben, aber nicht so polarisieren, dass es zu Grabenkämpfen kommt. Ich möchte nicht, dass Kinder sich schämen, weil es bei ihnen kaum bis gar kein Bio-Gemüse gibt, weil das Geld einfach nicht reicht. Dass Menschen wegen ihrer Körperfülle diskriminiert werden oder Menschen sich größer und besser fühlen, weil sie fest überzeugt sind, ihre Ernährungsweise sei die perfekte Lösung. Liebe Überzeugte, liebe Bedenkenwegwischer, betrachtet doch einmal die Argumente der anderen. Sie sind nicht die Hölle – wie Sartre einmal sagte. Sie haben nur eine andere Meinung und andere Erfahrungen gemacht. 

Man ist, was man ist, und man kann jederzeit auch anders sein. Genießen Sie Ihr Leben! Ihr Herr Grün.

 


Herr Grün kocht leidenschaftlich. Natürlich. Vegetarisch und manchmal auch vegan. Während des Kochens kommen ihm tausend Dinge in den Sinn. Wie schmeckt Pastinakenpudding? Welche Soße passt gut zu Semmelknödeln? Kann man Milchreis auch mit Mandelmilch kochen? Was haben die Menschen im 12. Jahrhundert gegessen, wenn Besuch kam? Darüber schreibt er in seiner Kolumne »Herr Grün notiert«. Es geht um Erkenntnisse, Wissenswertes, aber auch um ungelöste Fragen.

Neugierig geworden? Hier geht es zu: www.herrgruenkocht.de